«65 ist eine künstliche Altersgrenze. Als 1948 das Pensionsalter bei 65 festgelegt wurde, orientierte man sich an der Lebenserwartung. Diese ist bis heute um fast 20 Jahre gestiegen, aber das Pensionsalter ist nie angepasst worden.
Was wir Alter nennen, umfasst in Wirklichkeit mehrere Generationen mit unterschiedlichen Lebenserfahrungen, Werten und Bedürfnissen. Es macht einen Unterschied, 65 oder 97 Jahre alt zu sein.
Der Bundesrat musste zu Beginn der Krise schnell und mit wenig wisssenschaftlichen Grundlagen Entscheidungen treffen. Das war sicher nicht einfach. Er wollte mit Massnahmen Personen über 65 Jahren schützen und eine Überlastung der Spitäler verhindern.
Das hat den wichtigen Beitrag sichtbar gemacht, den ältere Menschen für die Gesellschaft leisten. Sie hüten Grosskinder, betreuen Angehörige und engagieren sich freiwillig. Ohne diese Unterstützung gerieten viele Familien und Verbände in Schwierigkeiten und mussten sich neu organisieren.
Die Grenze bei 65 Jahren hatte aber auch negative Effekte. Die Vielfalt der älteren Menschen wurde ausgeblendet. Es entstand der Eindruck, dass alle gebrechlich, abhängig und eine Belastung für die Gesellschaft sind. Das kann Stereotype und die Altersdiskriminierung verstärken. Viele ältere Menschen fühlten sich bevormundet und von der Gesellschaft ausgeschlossen.
Die Grenze von 65 Jahren wird in der Gesundheitsförderung und in der Statistik sehr oft verwendet.
Mit Blick auf die Alterung der Gesellschaft, die gestiegene Lebenserwartung und aktuelle Erkenntnisse zum Altern müsste sie meiner Meinung nach aber hinterfragt und angepasst werden. Insbesondere auch mit Erkenntnissen, die man während der Corona-Pandemie gewonnen hat.»
Dieser Artikel ist Teil der Serie «Werden Menschen über 65 diskriminiert?». Die Serie wurde im Rahmen der Corona Pandemie im Sommer 2020 publiziert.
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